Unter diesem Titel lud die Stiftung Mitarbeit vom 21.-23.September 2019 zu ihrer Jahrestagung an die Evangelische Akademie Loccum ein. Über 80 Teilnehmende aus Verwaltung, Wissenschaft, zivilgesellschaftlichen Initiativen und Organisationen aus allen Teilen der Republik folgten der Einladung zum politisch-fachlichen Austausch. Die Wochenendtagung startet mit der Diskussion einer Reihe von Thesen Teilnehmender wie beispielsweise: „Ich glaube, dass es viele Menschen bzw. Gruppen gibt, die nicht wirklich interessiert daran sind, Spaltung zu überwinden!“
In einer ersten Gruppendiskussion unter Leitung von Gabriele Feyler – einer Moderatorin der Initiative gesprächsbereit – konnte geklärt werden, dass einem ernstzunehmendem Willen zur Überwindung von Spaltung insbesondere Offenheit, die Bereitschaft und Fähigkeit zuzuhören wie auch Interesse an den Bedürfnissen anderer zugrunde liegen muss. Hierin besteht wohl die größte Hürde: Wer im Konflikt auf der sachlichen oder Meta-Ebene – im schlimmsten Fall sogar noch unter Zeitnot und -druck – streitet und ggf. blockiert, verdrängt dann wohl auch die Intention des Verstehen-Wollens der/des Kontrahenten. Doch die Bereitschaft zum Perspektivwechsel, durch den der Konflikt erst deutlich und für andere Beteiligten auch interessant wird, ist notwendig, um den Konflikt am Ende auch tatsächlich lösen zu können.
Anhand der Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren in vielen spannungsgeladenen politischen Situationen und Diskussionen gesammelt haben, konnte beobachtet und somit als wesentlicher Erfolgsfaktor herausgearbeitet werden, dass bei gelungenen, konfliktlösenden Gesprächen offen und geduldig zugehört und dadurch ein Verstehen der anderen Seite Schritt für Schritt ermöglicht wurde. Damit konnte der Grundstein für eine Überwindung der Spaltung gelegt werden; gleichwohl musste danach bis zu einem echten Miteinander noch erhebliche Vermittlungsarbeit geleistet werden.
Diese praxisbasierte Theorie konnte auf der Tagung in einem von Gabriele Feyler angeleiteten Rollenspiel veranschaulicht werden, bei dem Teilnehmende des Workshops einen spaltenden Konflikt aus ihrer aktuellen kommunalpolitischen Realität auswählten und sich selbst in den Streit um den im gegebenen Fall neuen Rathausstandort einer Gemeinde. Die Überwindung von Spannung und Spaltung ist erfahrungsgemäß schwierig. Im Rollenspiel zu zweit erfuhren die Teilnehmenden, dass diese mit einem Aufeinander-Zugehen beginnt und insbesondere dann gelingt, wenn Gegensätze ausgehalten werden können und beide Seiten eine aufrichtige Haltung im Kompromiss-Findungs-Prozess beibehalten.
In der anschließenden Diskussion wurde festgestellt, dass viele andere praktische Erfolgsbeispiele bei der Integration Geflüchteter, der Stärkung von Demokratie in der Kommune, aktuellen Aktionen für den Klimaschutz etc. auf genau solchen Kommunikationskompetenzen aufbauen. Nur stehen die Träger*innen dieser Kompetenzen allzu selten im Rampenlicht. Mediationsgeübte sollten in der Öffentlichkeit daher zukünftig sehr viel stärker aktiv werden. Die Kommunikation des Verstehens sollte zur Gewohnheit werden!
Am beeindruckendsten an dieser Tagung war, wie sehr sowohl bereits bei ihrer Vorbereitung als auch dann bei ihrer Durchführung für den derzeitigen gesellschaftlichen Wandel sensibilisierte wurde. Die Vielfalt der Themen rund um lebendige Demokratieerfahrungen führte unterschiedlichste Akteur*innen mit ihren Projekt-und Methoden-Werkstätten zu anwendungsreifen Handlungsanleitungen zusammen. Es wurde von verschiedener Seite mehrfach herausgestellt, wie sehr der Ansatz der Initiative gesprächsbereit dabei den besonderen Aspekt eines tieferen empathischen Verständnisses einbringen konnte.
Hoffentlich bleiben viele der Tagungsteilnehmer*innen auch über diese Tagung hinaus in schöpferischem Austausch, probieren Neugelerntes aus und bauen mit neuen Einsichten Spannungs- und Spaltungsgefahren ab.